PRIM. UNIV.-PROF. DR. RUDOLF LIKAR: Corona ist kein "Killervirus"!
Cannabidiol, kurz CBD, ist ein hochinteressanter Stoff, auch im Anwendungsbereich mit Covid-Patienten, so Rudolf Likar, der Abteilungsvorstand der Intensivmedizin am Klinikum Klagenfurt ist, wo das Cannabis-Produkt eingesetzt wird. Es wirkt entzündungshemmend und positiv auf das Immunsystem: Man habe CBD bei bestimmten Patienten eingesetzt, über einen Zeitraum von drei Wochen. Zunächst in der Dosierung von 200mg, die dann auf 300mg gesteigert wurde: „Wir haben gesehen, dass die Entzündungsparameter im Blut zurück gehen und die Menschen gegenüber der Vergleichsgruppe schneller das Krankenhaus verlassen. CBD unterstützt das Immunsystem.“
Daten werden derzeit ausgewertet
Auch bei Gehirntumoren wurde CBD laut Likar eingesetzt. Dabei wurde eine schmerzlindernde Wirkung bemerkt. Derzeit läuft auch eine Studie am Klinikum: „Wir sind jetzt beim Auswerten der Daten und die Daten schauen relativ gut aus. Wir werden das jetzt wahrscheinlich routinemäßig einsetzen weil es eben keine Nebenwirkungen hat. Wir forschen schon länger dran. Das ist eine interessante Substanz und Israel ist sogar dabei, CBD für die Covid-Therapie zuzulassen. Also wir sind nicht die einzigen, die damit arbeiten.“
Laut dem Intensivmediziner sei es auch interessant CBD mit THC zu mischen – die Forschung befinde sich auf diesem Gebiet aber erst am Beginn.
Cannabinoide blockieren Covid-Viren
Ein Forschungsteam der Oregon State University und der Oregon Health & Science University fand heraus, dass Cannabinoidsäuren den Eintritt des Coronavirus in die Zellen blockieren und somit vor einer Ansteckung schützen könnten. Die Studie der Oregon State University erschien im Fachblatt Journal of Natural Products.
„Es wurde bestätigt, dass zwei Cannabinoide mit den höchsten Affinitäten zum Spike-Protein, Cannabidiolsäure (Cannabidiolic acid, CBDA) und Cannabigerolsäure (Cannabigerolic acid, CBGA), die Infektion menschlicher Epithelzellen durch ein Pseudovirus blockieren, das das Spike-Protein abbildet. Noch wichtiger ist, dass sowohl CBDA als auch CBGA die Infektion des ursprünglichen lebenden SARS-CoV-2-Virus und besorgniserregender Varianten, einschließlich B.1.1.7 (Alpha-Variante) und B.1.351 (Beta-Variante), blockieren.“
Das Spike-Protein ist ein Baustein des Coronavirus. Es bedeckt die Oberfläche des Virus wie Stacheln oder Dornen und ist daher gut für unser Immunsystem erkennbar. Das Virus braucht das Protein, um Zellen zu befallen und sie so zu infizieren.
Das heißt allerdings nicht, dass man viel Cannabis rauchen sollte, um sich vor einer Erkrankung an Covid-19 zu schützen. Bei CBGA und CBDA, auf die sich die Studie bezieht, handelt es sich im Gegensatz zum als berauschend bekannten Tetrahydrocanabinol (THC) nicht um psychoaktive, sondern um gut verträgliche und sichere Inhaltsstoffe, so Studienleiter Richard B. van Breemen. Entsprechende Präparate könnten über den Mund eingenommen werden. Hitze inaktiviere die Verbindungen und macht sie unfähig, das Spike-Protein zu binden. Deshalb funktioniere Marihuana-Rauchen nicht.
Per Massenspektrometrie-Screening haben die Forschenden neben Hanf weitere unterschiedliche Pflanzenarten wie Rotklee, Hopfen oder Süßholz genauer untersucht. Ziel war, zu ermitteln, welche Stoffe das Spike-Protein des Coronavirus am erfolgreichsten davon abhalten können, in menschliche Zellen einzudringen. CBGA und CBDA hätten dabei die höchsten Affinitäten für das Spike-Protein gezeigt. Laborversuche hätten bestätigt, dass sie eine Infektion blockieren können, so das Forschungsteam in der Studie.
Die Ergebnisse könnten ein bedeutender Schritt zur Behandlung und Vorbeugung von Corona sein. Ein großer Vorteil sei, dass die untersuchten Cannabinoide bereits verfügbar seien und schnell zur Behandlung zugänglich gemacht werden könnten.